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Akute Bronchitis: Antibiotika meist nutzlos

Abwarten und Tee trinken

Besonders im Winterhalbjahr wird allerorten gehustet. Husten ist das typische Symptom einer akuten Bronchitis und kann das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Die akute Bronchitis ist meist Folge eines so genannten „grippalen Infekts“ und beruht auf einer Entzündung der unteren Atemwege (Bronchien). Im Gegensatz zu so genannten banalen Infekten der oberen Atemwege (Schnupfen) geht sie häufig mit einem schlechten Allgemeinbefinden, zunächst trockenem Husten und Fieber einher. Meist heilt die akute Bronchitis ohne Komplikationen von selbst ab. Der Husten kann jedoch mehrere Wochen lang anhalten.

Pro Jahr erkranken etwa fünf von 100 Erwachsenen an akuter Bronchitis. In der Regel wird sie durch Viren verursacht, nur bei jedem Zehnten sind Bakterien für die Erkrankung verantwortlich. Antibiotika sind gegen Viren völlig wirkungslos. Umso erstaunlicher ist es, dass Ärzte zwei von drei Patienten von Anfang an Antibiotika verordnen. Sie wirken sich weder auf die Genesung noch auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit günstig aus.1,2 Aber sie können unangenehme Nebenwirkungen haben.

Die Behandlung mit Antibiotika wird bisweilen damit begründet, dass sich dadurch Komplikationen – wie die Entwicklung einer Lungenentzündung – abwenden ließen. Dafür gibt es aber keinen wissenschaftlichen Beweis. Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass die weit verbreitete unnötige Behandlung mit Antibiotika Bakterien gegen zuvor wirksame Präparate zunehmend resistent, also widerstandsfähig, macht. Wird irgendwann wirklich einmal ein Antibiotikum benötigt, hilft es dann möglicherweise nicht mehr. Eine bedrohliche Komplikation jeder Antibiotikabehandlung ist übrigens eine akute Darmentzündung.

Es gibt nur wenige Situationen, in denen man bei einer akuten Bronchitis wirklich ein Antibiotikum braucht: Das betrifft in erster Linie Menschen, die an anderen schweren Erkrankungen, z.B. der Lunge oder des Herzens, leiden.3,4

Abwarten und Tee trinken

Allgemein wird empfohlen, dass man bei akuter Bronchitis mit Fieber – falls keine andere Krankheit dagegen spricht – viel trinken soll. Das soll den Bronchialschleim flüssiger machen und das Abhusten des Schleims erleichtern. Auch sollten Sie darauf achten, dass die Raumluft nicht zu trocken ist. Dampfinhalationen können zumindest das Gefühl der Linderung der Beschwerden bringen. Reiner Wasserdampf reicht. Auf Zusätze sollten Sie lieber verzichten. Sie können reizen, insbesondere die Atemwege von Allergikern. Und passen Sie auf, dass Sie sich nicht verbrühen! Auch gegen einen warmen Brustwickel ist nichts einzuwenden, wenn er als angenehm empfunden wird. Solche Empfehlungen lassen sich übrigens nicht mit Studien absichern. Da mit Wasserdampf und Wickeln kein Geld zu verdienen ist, gibt es für solche Untersuchungen keine Finanziers.

Viele andere Maßnahmen gegen Bronchitis sind entbehrlich oder manchmal sogar schädlich. Sehr häufig werden so genannte schleimlösende Medikamente (Mukolytika), wie Acetylcystein (Fluimucil® u.a.) verordnet. Ihr Nutzen ist allerdings umstritten und wissenschaftlich nicht belegt. Angeboten werden auch zahlreiche pflanzliche Mittel, beispielsweise mit Efeuextrakt (Prospan® u.a.) oder Thymianextrakt (Aspecton® u.a.). Sie werden traditionell als Hustenlöser verwendet und stammen aus einer Zeit, in der an den Nachweis der Wirksamkeit von Arzneimitteln nur geringe Ansprüche gestellt wurden. Ungünstig ist zudem der oft hohe Alkoholgehalt flüssiger Zubereitungen (z.B. 47% Alkohol in Prospan® Hustentropfen).

Meist ist es nicht angebracht, den Hustenreiz zu dämpfen. So genannte Hustenblocker, wie das rezeptpflichtige Codein oder Dihydrocodein (Paracodin®), die bei quälendem, trockenem Reizhusten für wenige Tage sinnvoll sein können, verhindern nämlich, dass das Sekret aus den Bronchien abgehustet werden kann.

Abzuraten ist von rezeptfreien Erkältungsmitteln, die Antihistaminika enthalten wie Grippostad® oder Wick Medinait®. Sie machen nicht nur müde, sondern möglicherweise auch den Schleim in den Bronchien zäh und klebrig. Auch dies hat zur Folge, dass er schlechter abgehustet werden kann.

Auch für den Kassenschlager Umckaloabo® fehlen überzeugende Wirkungsnachweise, darauf hat GPSP bereits mehrfach hingewiesen, zuletzt in GPSP 6/2006, S.5.

Unsinnige „Vorbeugung“

Nach wie vor hält sich das Gerücht, mit hohen Dosierungen von Vitamin C lasse sich einer Erkältung oder einem grippalen Infekt mit Husten vorbeugen. Hierfür gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis. Auch für stark beworbene pflanzliche Mittel wie Echinaceaextrakt (Echinacin® u.a.) fehlen überzeugende Belege des Nutzens zur Prophylaxe und Behandlung von Erkältungskrankheiten (siehe auch GPSP 1/2005, S. 4).6 Die viel beworbenen Zinkpräparate haben ebenfalls keinen nachgewiesenen vorbeugenden Effekt.

Eine akute Bronchitis kann mehrere Wochen lang anhalten. Dies darf nicht als Zeichen einer schweren und deshalb Antibiotika-erfordernden Erkrankung missverstanden werden. Bei anhaltendem Husten, dessen Ursache nicht geklärt ist, oder bei einer deutlichen Verschlechterung des Befindens, sollten Sie zum Arzt gehen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2007 / S.03